Alte Sorten – „Vergessene Klassiker“

Letztes Jahr hatte ich im Zettelkasten unter „Bücher und DVDs, die ich liebe“ die DVD-Box „The Victorian Garden“ vorgestellt. In einer Folge gräbt der ehemalige Obergärtner Harry Dodgson ein weißes Gemüse aus dem Gartenboden, das mich ein bisschen an dicke Maden erinnerte. Der englische Name sagte mir rein gar nichts. Vergangene Woche bin ich im Buchladen meines Freundes auf das Buch „Vergessene Klassiker“ gestoßen – darin geht es um alte Gemüsesorten und Kochrezepte. Beim Durchblättern fand ich dann auch jenes merkwürdige, madenartige Gemüse und stellte fest, dass es sich dabei um Knollenziest handelt. Die großformatigen Fotos zeigten, dass der Knollenziest eigentlich gar keine Ähnlichkeiten mit Maden hat, sondern im Gegenteil an vielfach gewundene Schneckenhäuser oder Muscheln erinnert.

Ich finde alte Gemüsesorten faszinierend und habe mir das Buch auch gleich gekauft. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich zum ersten Mal von diesen alten Sorten hörte. Bei einem Vortrag in Fulda, wo ich damals wohnte.  Der Referent zeigte u.a. Fotos von Kartoffeln mit rotem und blauem Fleisch. Als ich kurz darauf einen Radurlaub in Ostengland machte, stieß ich in kleinen Läden auf dem Land häufig auf diese „alten“ Kartoffelsorten, die damals hierzulande noch völlig aus der Mode waren. Mittlerweile hat sich da viel verändert. Mein Bioladen hat hin und wieder „blaue“ Kartoffeln im Angebot. Manchmal kaufe ich sie mir und bin immer wieder aufs Neue fasziniert von dem dunkel-violetten Fleisch, das sich dann beim Kochen zu einem Pastellton aufhellt.

In dem Dokumentarfilm „The Victorian Garden“ sagt Harry Dodson, dass die Köchin immer sehr ärgerlich wurde, wenn die Gärtner ihr nicht gründlich gewaschenen Knollenziest in die Küche brachten. Denn auch trotz dieser Vorwäsche war es immer noch schwierig genug, das Gemüse wirklich sauber zu bekommen. Weshalb der Knollenziest auch aus der Mode geriet. Ich plane ja eine Kriminalroman-Reihe, die am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts spielt. Vielleicht wird sich darin einmal ein Küchenmädchen mit dem Knollenziest abplagen müssen. Ich werde mich heute jedenfalls erst einmal an Schwarzwurzeln versuchen.

„Vergessene Klassiker“ ist im Gerstenberg Verlag erschienen